Die Lobbyarbeit geht weiter

21.10.2022

Forum Veranstaltungswirtschaft: Über 70 Bundestagsabgeordnete und deren Referent:innen folgten der Einladung zu einem Parlamentarischen Abend im Hause der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft.

Sie ließen sich von den Verbandsvertreter:innen der sechs maßgeblichen Verbände des Wirtschaftszweigs über die aktuellen Herausforderungen der Branche und ihre Erwartungen an die Politik informieren.

 


Die Schirmherrin des Abends Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt von Bündnis 90/Die Grünen. (Foto: Forum Veranstaltungswirtschaft / Felix Gunkel)

 

Schirmherrin des Abends war die Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt von Bündnis 90/Die Grünen. In ihrer Eröffnungsansprache betonte sie die besondere Bedeutung der Veranstaltungswirtschaft für den Zusammenhalt der Gesellschaft und skizzierte die dramatischen Auswirkungen der Energiepreisexplosion, der Inflation und der fortwirkenden wirtschaftlichen Folgen auf die Veranstaltungswirtschaft.

Eröffnet wurde der Abend mit einem Podiumsgespräch mit drei Unternehmer:innen der Branche, Henning Könicke, Geschäftsführer der AFAG GmbH, Jana Radomski, soloselbständige Inhaberin der Firma Lichtstärken Veranstaltungstechnik, und Dieter Semmelmann, geschäftsführender Gesellschafter der Firma Semmel Concerts, eines der weltweit größten Kulturveranstaltungsunternehmen.

Sie erläuterten den Gästen des Abends die aktuelle Situation des Wirtschaftszweigs und dessen zukünftige Herausforderungen aus dem Blickwinkel der Praxis. Im Anschluss stellten die Repräsentant:innen der Wirtschaftsverbände die Erwartungen des Wirtschaftszweig an die Politik sowie die aus ihrer Sicht erforderlichen Rahmenbedingungen vor.

Das besondere Interesse der Mitglieder des Bundestages zeigte sich nicht nur in der großen Anzahl der Teilnehmenden, sondern auch an deren Fragen und den Gesprächsthemen beim anschließenden Imbiss. Alle Verbandsvertreter:innen veranschaulichten, dass eine Maskenpflicht sowie Kapazitätsbegrenzungen erneut zu erheblichen wirtschaftlichen Einbußen in allen Segmenten der Veranstaltungswirtschaft führen würde.

Bereits in den letzten zwei Jahren habe sich deutlich gezeigt, dass Messe- und Konferenzbesucher:innen nicht bereit seien, sich mit einer Maske stundenlang in Veranstaltungshallen aufzuhalten. Gleiche Erfahrungen machten die Kulturveranstalter:innen, deren Publikum lieber auf eine Veranstaltung verzichtete, da sie sich durch eine Maske in dem angestrebten Genuss eines Konzerterlebnisses eingeschränkt sähen.

 


Foto: Forum Veranstaltungswirtschaft / Felix Gunkel

 

Linda Residovic, Geschäftsführerin des VPLT:

„Trotz eines überwiegend guten Sommergeschäftes sind die negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie für die Betriebe der Veranstaltungswirtschaft noch lange nicht überwunden. Die umfangreichen Hilfen werden verpuffen, wenn es jetzt nicht weitere Maßnahmen gibt, um die Unternehmen vor einer weiteren Nullrunde im Winter zu bewahren. Inflation oder hohe Energiekosten erschweren die Situation zusätzlich. Wenn wir erneut über Kurzarbeitergeld reden, braucht es daher von Beginn an aufgestockte Leistungen. Wichtig ist auch die Förderung der Weiterbildung in dieser Zeit, weil sie berufliche Perspektiven unterstützt.“

Pamela Schobeß, Vorstand der LiveKomm:

Die Musikclubs teilten in aller Deutlichkeit mit, dass eine Pflicht zur Maske bei ihnen einem Lockdown gleichkäme. „Sollte die Maskenpflicht in der geplanten Form in Kraft treten, wird die Lage für Clubs und Musikspielstätten bundesweit noch dramatischer, als sie es jetzt schon ist. Hinzu kommt, dass die Veranstaltungsbranche in besonders schweren Zeiten der letzten zwei Jahre nur aufgrund von Förderungen und Hilfsprogrammen überleben konnte. Dass für die kommenden Monate keine Förderungen geplant sind, gefährdet die Existenz vieler Clubs und Musikspielstätten.

Professor Jens Michow, Präsident des BDKV:

„Die Ticketverkäufe bei in diesem Jahr neu geplanten Veranstaltungen sind erschütternd.“ Zufriedenstellend liefe es nur bei den Top-Acts. Dem stünden aber Tausende schlecht laufender mittlerer und kleinerer Events gegenüber, die die kulturelle Vielfalt gewährleisteten. In den vergangenen zwei Jahren haben die Veranstalter:innen nur mit der Wirtschaftlichkeitshilfe des Sonderfonds für Kulturveranstaltungen überleben können. „Daher sind wir außerordentlich erfreut über die Signale aus Berlin, dass nun doch geplant werde, den Sonderfonds in das Jahr 2023 hinein zu verlängern. Dies ist nämlich nicht nur erforderlich, um zukünftige pandemiebedingte Veranstaltungsabsagen abzusichern, sondern auch das Publikum vor Insolvenzrisiken der Veranstalter:innen zu schützen.“ Es sei völlig unverantwortlich, wenn man Veranstalter:innen ohne irgendeinen Rettungsschirm im Regen stehen ließe, klagt Michow.

Henning Könicke, Vorstand des FAMA

„Wir brauchen auch dringend Optionen für die Messebetriebe, die es ihnen ermöglichen, bei den ständig steigenden Energiepreisen ihre Hallen weiter zu betreiben. Millionen Quadratmeter Ausstellungs- und Aktionsfläche müssen beheizbar sein, da Menschen bei Minusgraden Messen nicht besuchen werden. Die Energiepreise stehen der Nutzung jedoch entgegen. Hier brauchen wir dringend Unterstützung seitens des Wirtschaftsministeriums.“

Marcus Pohl, Vorsitzender der isdv:

„Wenn Veranstalter:innen nicht veranstalten, wenn Clubs schließen, wenn Veranstaltungen nicht mehr funktionieren, weil niemand mehr Tickets kaufen kann oder Maskenpflicht besteht, dann geraten die selbständigen Dienstleister:innen in eine Situation, die einem Tätigkeitsverbot gleichkommt. Es muss daher jetzt klargestellt werden, welche Hilfsmaßnahmen dann für die Selbständigen greifen.“

Ilona Jarabek, Präsidentin des EVVC:

„Über 80 % der Hallen sind direkt oder indirekt von der Gasversorgung abhängig. Es besteht große Unsicherheit, wie der Betrieb über den Winter sichergestellt werden kann. Dazu kommt schon jetzt eine Vervielfachung der Energiekosten. Wenn die Hallen nicht mehr öffnen können, hat kein Veranstalter mehr die Möglichkeit, seinen Beruf auszuüben, selbst wenn es keine Maskenpflicht und keine Kapazitätsbegrenzung gibt. Wir brauchen dringend Antworten der Bundesregierung, was dann geschehen soll.“