Das große Besteck

13.06.2008

Rock am Ring 2008 war mit rund 85.000 Besuchern eines der größten Open-Air-Festivals Europas. In diesem Jahr erlebten die Fans ihre Lieblings-Bands mit neuem Sound

„Rock am Ring“ war schon von Anfang an als Termin der Superlative geplant, gleich beim ersten Mal 1985 spielten hier an zwei Tagen unter anderen U2, Chris de Burgh, Joe Cocker, Gianna Nannini, Rick Springfield, REO Speedwagon, Foreigner, Saga, Marillion, Huey Lewis und Westernhagen.

Über neunzig Bands auf drei Bühnen an drei Tagen und 85.000 Besucher täglich machen Rock am Ring heute zu einem der größen europäischen Open-Air-Festivals, das größte Deutschlands ist es ohnehin. Headliner in diesem Jahr : Metallica, Rage Against The Machine, The Prodigy, The Verve, Queens of the Stone Age ...

Die Fans werden auf dem Festival  rundum versorgt: Sie wohnen, schlafen, essen und trinken auf dem riesigen Areals des Nürburgrings, der schon seit 1927 als Rennstrecke dient. Derzeit allerdings ist das Gelände eine einzige Baustelle. 135 Millionen Euro stecken die Betreiber in Haupttribüne, Boulevard, Indoor-Arena, Event-Halle, Welcome-Center und Indoor-Attraktionen, für Ausbauten darum herum sind weitere 80 Millionen eingeplant.

Neu war schon in diesem Jahr das Soundsystem von Adamson. Und die Reaktionen kamen prompt „Ich fand den Sound dieses Jahr generell besser als die Jahre zuvor“, schreibt der Moderator der Ringrocker in seiner ersten Bilanz. Und bei Durchsicht des umfangreichen Weblogs fällt auf, dass sich nicht einer über den Sound beklagt.

Gute Arbeit, von Werner Renz, dem zuständigen Projektleiter der Produktionsfirma satis&fy, der eben in diesem Jahr zum ersten Mal das Line-Array-System von Adamson dabei hatte, mit dem es galt, rund 300 Meter in die Tiefe zu schallen.

Zwei große Bananen mit je 16 Y 18- Systemen hingen links und rechts der Centerstage. Ergänzt wurden sie durch je acht zu beiden Seiten geflogene T 21 Subs und je vier T 21 rechts und links unter der Bühne. Dazu kamen ein geflogener Centercluster aus sechs Spektrix-Systemen und weitere vier mal vier Spektrix am Bühnenrand für das Nahfeld.

Zur Ergänzung wurden zwei Delaylines aufgebaut, die ersten beiden Stereo-Türme mit zwei mal zwölf Y 10 und die zweiten beiden mit jeweils zwölf Spektrix. Dazu kamen bei den ersten beiden Delay-Turm sechs Spektrix-Subs, vier weitere bei der zweiten Delayline - und eine große LED-Wand.

Arnd Wagner vom Sound Department von satis&fy in Werne war als technischer Leiter für die gesamte Planung, Durchführung und Organisation der Tontechnik auf den verschiedenen Bühnen von „Rock am Ring“ zuständig. Er zeigte uns hinter der Centerstage die Reihe der Endstufen-Racks. Angetrieben wurden alle Systeme durch LabGruppen-Endstufen, wie Arnd Wagner erklärte: „Adamson empfiehlt LabGruppen, und da wir von VDosc her schon LabGruppen hatten, ist das für uns ideal. Wir haben die Erfahrung und auch genügend Material im Regal. Im allgemeinen setzen wir Lab 4.000 für die Hochtonwege ein, Lab 6400 für die 18er, und die T21 treiben wir mit dem FP 7000 an.“

Alle Ampracks wurden mit XTA-Frequenzweichen bestückt, die vom Frontplatz aus ferngesteuert werden konnten. Dazu diente ein großes PC-Rack, das wiederum verbunden war mit einem Tablet-PC, mit dem Jochen Sommer überall auf dem Gelände herumlaufen konnte, um beispielsweise die Delays in der Lautstärke anzupassen oder die Nearfills verändern, wenn im Konzertverlauf Anpassungen nötig wurden.

Jochen Sommer ist bei Adamson für den technischen Support in Europa zuständig. Sein Job war unter anderem die Arbeit mit der hauseigenen Simulations- Software namens Shooter: „Mit der habe ich im Vorfeld mit den Angaben, die ich von Arnd Wagner und Werner Renz von satis&fy bekommen habe, die entsprechenden Simulationen durchgeführt“, erläutert Sommer seine Vorgehensweise.

Das System wird über sechs Prozessoren gesteuert, fünf DP 448 und einen DP 446. Zwei DP 448 übernehmen jeweils die Main-PA links und rechts. Sommer erklärt: „Da haben wir hinten dran ein sogenanntes gespiegeltes System, eine Slave-Unit für den Havariefall, die genau das gleiche macht wie die Master-Unit“. Zwei weitere DP 448 steuern die zwei Outfill- und die zwei Infill-Systeme, ein DP 446 ist für den Centercluster da, ein Kanal des fünften DP 448 steuert die Delay-Systeme.

„Für die Delaylines arbeiten wir mit einem Funksender von Kölnton, der mit einer relativ großen Leistung das Signal an die vier Delay-Positionen sendet, und ich habe hier nur eine Master-Weiche, mit der ich das Delay insgesamt an die Main-PA abgleiche. Das heißt, die Abstimmung der Delays untereinander ist im Vorfeld an den Delay-Positionen selber erfolgt, und ich kann jetzt noch mit dem Delay-Prozessor die Anpassung an die Main-PA vornehmen.“

Eine Besonderheit war die Bass-Delayline hinter dem FOH-Platz:. Hier wurden die Spektrix-Subs im Cardioid-Modus gestellt, wodurch die Bassbelastung am FOH-Platz um rund 20 dB reduziert werden konnte.

Insgesamt waren rund 50 Techniker von satis&fy vor Ort, zwölf von ihnen kümmerten sich allein um die Centerstage, wo an jedem der drei Festivaltage mit jeweils zwanzigminütiger Umbaupause je sieben Bands auftraten. Die Band-Betreuung spielt grundsätzlich eine große Rolle, wie Arnd Wagner erklärt: „Wir haben zwei FOH-Plätze, so dass man wirklich voll auf den FOH-Mann der jeweils nächsten Band eingehen kann., während man am anderen den FOH-Mann der gerade spielenden Band betreut. So hat eigentlich jeder hier eine ganze Band lang Zeit, sein Pult so einzustellen und zu konfigurieren, dass es für ihn richtig steht. Das gleiche dann auch am Monitor-Platz, auch da haben wir zwei Monitor-Betreuer. Dann haben wir insgesamt noch ein paar Mikrofonierer, einen Systemmann, mich als technischer Leiter, und ein Splitter-Mann ist noch dabei, der am Splitter steht und die Patches der Band auf die jeweiligen Pulte verteilt.“

Projektleiter Werner Renz von satis&fy ist ein alter Hase und seit 1978 in der Branche. Er war mitverantwortlich für die Anschaffung von Adamson bei satis&fy und erklärt: „Ich halte das Equipment für das allerbeste, was es auf dem Markt derzeit überhaupt gibt. Und zwar deshalb, weil das eine sehr dynamische Anlage ist. Die Sprachverständlichkeit ist außergewöhnlich gut, die ganze Anlage ist einfach sehr, sehr gut. Auch wenn Adamson im Moment in unseren Breiten noch etwas exotisch ist – ich glaube, noch zwei, drei Jahre maximal, dann steht diese Anlage überall in der Bewertung ganz oben. Natürlich hat jede Anlage ihren bestimmten Zweck, doch das ist wirklich die Anlage, die mir im Moment am meisten zusagt..

Renz erklärt auch, warum am FOH-Platz neben dem „privaten“ Digidesign-Digitalpult von Rage Against The Machine zwei analoge MIDAS Heritage 3000 stehen – : „Auf Festivals sind immer mal wieder Leute da, die schnell noch mal irgendwas machen wollen, und die haben dafür am allerliebsten analoge Pulte, weil sie da einfach daran drehen können. Aber unter Umständen ist das in einem Jahr schon anders.“

Keine exotische Einschätzung, wenn man bedenkt, dass Adamson seit der diesjährigen prolight+sound die Firma Trius als deutschen Generalvertrieb gewinnen konnte. Trius-Chef Hubert Dierselhuis ist von dem Material ja offenbar ebenso begeistert wie Renz.

Lesen Sie mehr dazu in unserem Interview mit Hubert Dierselhuis hier!

Schließlich wollten wir von Werner Renz wissen, was denn nun für den erfahrenen Produktionsleiter die besondere Herausforderung in diesem Jahr war. Renz lacht: „Der ganze Juni 2008 ist eine Herausforderung. Wenn wir den hinter uns haben, mache ich drei Kreuze. So viel auf einmal war noch nie los, und das gilt für die gesamte Branche.“

Dazu sollte man bedenken, dass Konzertmogul Marek Lieberberg ja nicht nur „Rock am Ring“ veranstaltet, sondern am gleichen Wochenende auch „Rock im Park“. So spielten sämtliche Bands vom Ring am selben Wochenende auch im knapp 400 Kilometer entfernten Nürnberg vor 65.000 Zuschauern bei „Rock im Park“. Und auch dort war satis&fy für die Tontechnik zuständig. Mit dabei auch dort: die Line Arrays von Adamson.

Die dritte „Baustelle“ zur selben Zeit war die Hessentagsarena in Homberg, wo ein ähnliches System von Adamson mit einer Delayline zum Einsatz kam. Hauptattraktion dort: Herbert Grönemeyer, aber auch Journey oder „Die Ärzte“ spielen dort auf.

Auch die Festivals gehen weiter: So betreut der Dienstleister satis&fy ab 20. Juni das nächste Doppel-Festival mit Hurricane im Norden und Southside im Süden, wo man wieder die Gelegenheit haben wird, sich die Adamson-Systeme anzuhören, zum Beispiel mit den Foofighters oder Radiohead.