Sennheiser MobileConnect

05.10.2015

Wie macht man Theater für hör- und sehbehinderte MenschenSennheisers MobileConnect-System im Hamburger Ernst Deutsch Theater.


 

Das Hamburger Ernst Deutsch Theater, das die Teilhabe von Hör- und Sehbehinderte am kulturellen Leben seit langem engagiert unterstützt, ist die erste deutsche Spielstätte, die Menschen mit beeinträchtigtem Hör- und Sehvermögen mittels Sennheisers MobileConnect den entscheidenden Mehrwert bietet, der sie wieder ins Theater holt.

 

Das MobileConnect-System von Sennheiser ermöglicht hör- und sehbehinderten Menschen die Teilhabe am kulturellen Leben (Foto: Sennheiser electronic GmbH & Co. KG)
Das MobileConnect-System von Sennheiser ermöglicht hör- und sehbehinderten Menschen die Teilhabe am kulturellen Leben (Foto: Sennheiser electronic GmbH & Co. KG).
 



 

Audio-Workflow

Das monophone Ausgangssignal der DSP-Matrix wird im Ernst Deutsch Theater einer Sennheiser ConnectStation zugeführt, die  - neben weiterem 19-Zoll-Equipment - im zum großen Saal gehörenden Regieraum untergebracht ist. Abgehört wird über Neumann KH 120 A Nahfeldlautsprecher.

Die ConnectStation übernimmt die Verwaltung von bis zu 50 Streaming-Clients in Echtzeit (Latenzzeit etwa 80 Millisekunden) und ist im Theater mit zwei Access Points verbunden, welche die drahtlose Signalverteilung auf Parkett und Rang sicherstellen.

 


Die Sennheiser ConnectStation passt perfekt in ein 19-Zoll-Rack (Foto: Sennheiser electronic GmbH & Co. KG).



 

Nach einem Frequenz-Scan wurden die Übertragungskanäle festgesetzt. Das zum Betrieb erforderliche WLAN kann anmelde- und kostenfrei eingerichtet werden. Die Installation von Sennheiser MobileConnect ist samt Funktionstest innerhalb weniger Stunden erledigt, sofern im Haus bereits eine Mithöranlage vorhanden ist. System-Updates werden per Netzwerk vorgenommen.

Je nach Aufführung liefert das Sennheiser MobileConnect-System im Ernst Deutsch Theater eine Hörunterstützung und/oder eine Audiodeskription. Bei Letzterer handelt es sich um eine mündliche Beschreibung des Bühnengeschehens, dank welcher blinde beziehungsweise im Sehvermögen eingeschränkte Gäste der Handlung folgen können. Im Vorfeld findet eine redaktionelle Aufbereitung des Stücks statt, in welche mindestens ein blinder Mensch eingebunden ist – im Team werden die am besten geeigneten Sprachbilder gefunden.

 

Mikrofonierung

Die akustischen Informationen für die Hörunterstützung werden im Ernst Deutsch Theater über im Saal verteilte Sennheiser-Richtrohrmikrofone gewonnen: Bei genauem Hinschauen sind links und rechts im Portal sowie links und rechts an den Seitenwänden Mikrofone zu entdecken. Zwei weitere Richtrohre sind mittig am Rang montiert. Vier Mikrofone waren bereits im Haus vorhanden; zwei Sennheiser MKH 8060 wurden im Rahmen der Installation von MobileConnect neu hinzugefügt.

 




Die Sennheiser-Richtrohrmikrofone fangen auch den Applaus ein und sorgen selbst bei geschlossenen Kopfhörern für ein lebendiges Hörerlebnis (Foto: Sennheiser electronic GmbH & Co. KG).

 

Aktuell ist die Mikrofonierung so ausgelegt, dass sämtliche Aufführungen des Mehrspartenhauses ohne vorstellungsspezifische Umstellung in bestmöglicher Qualität abgebildet werden können. Das Bühnengeschehen von der Sprache bis hin zu komplexen musikalischen Beiträgen wird perfekt eingefangen.

Auch Reaktionen des Publikums werden dank einer sinnvollen Verteilung der Mikrofone lebhaft übertragen, so dass Gäste mit geschlossenen Kopfhörern oder Hörprothesen (etwa mit Cochlea-Implantaten) akustisch mitten in das Geschehen eingebettet sind.

 

Die MobileConnect App

Die Ausgangssignale der Sennheiser-Richtrohrmikrofone werden in einer mit Vorverstärkern ausgestatteten DSP-Matrix bearbeitet und zu einem Monosignal summiert.

 


Die MobileConnect App mit intuitiv  bedienbarer Touch-Oberfläche (Foto: Sennheiser electronic GmbH & Co. KG).



 

Eine besondere Betonung von Frequenzen, die für die Sprachverständlichkeit relevant sind, findet in der Matrix nicht statt, da Gäste mit eingeschränkter Hörfähigkeit die für sie am besten geeigneten Einstellungen individuell über die Bedieneroberfläche der MobileConnect App wählen können.

Hier steht die intuitiv bedienbare, in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut entwickelte Touch-Oberfläche "Personal Hearing Assistant" bereit. Über leistungsstarke Algorithmen werden die Sprachinformationen passend zum individuellen Hörvermögen sowie zum Geschmack des Anwenders deutlich herausgearbeitet, während störende Nebengeräusche abgesenkt werden.

Die Bedienung mittels einer kontrastreichen, ansprechend gestalteten Bildschirmdarstellung ist unkompliziert und erschließt sich auch Anwendern ohne audiotechnischen Background sofort.

 

Die Vorteile

Theatergäste können die Vorstellung mit ihren mitgebrachten Smartphones (Stichwort BYOD – Bring your own Device) besuchen, ohne sich an einer Ausgabestation anstellen zu müssen oder auf Hilfe durch das Theaterpersonal angewiesen zu sein. Als vorteilhaft empfunden wird der Verzicht auf gut sichtbar um den Hals liegende Induktionsschlingen.

Aus Sicht eines Theaterbetreibers kann BYOD einen Kostenvorteil bedeuten, da kein Personal zur Geräteausgabe bereitstehen muss. Anschaffung und Aspekte wie Reinigung oder Wartung des technischen Equipments entfallen.

Sennheiser MobileConnect unterstützt die Betriebssysteme Android und iOS. Tontechniker Alexander Behrens berichtet, dass ihm das neue System im täglichen Einsatz keine zusätzliche Arbeit bereitet – Sennheiser MobileConnect muss lediglich bei Einlass des Publikums eingeschaltet werden.

Mit Technik von Sennheiser ist man im Ernst Deutsch Theater bereits seit Jahren vertraut: Unter anderem verfügt das Haus über evolution wireless G3 Drahtlossysteme, die mit Handsendern SKM 300-865 G3 (Kondensator, Superniere) oder Taschensendern betrieben und regelmäßig für Ansagen oder Moderationen genutzt werden.

 


Die Handsender SKM 300-865 G3 werden mit dem Drahtlossystem evolution wireless G3 für Ansagen oder Moderationen eingesetzt (Foto: Sennheiser electronic GmbH & Co. KG).



 

Unter Federführung von Intendantin Isabella Vértes-Schütter zeigt sich das Ernst Deutsch Theater beim Thema Hörunterstützung äußerst engagiert, und seit vielen Jahren werden spezielle Vorstellungen von Gebärdendolmetschern begleitet.

Für Menschen mit Höreinschränkung gilt das mit dem Pegasus-Preis prämierte Haus als bester Ort, um in Hamburg Kultur einschränkungslos erleben zu können. "Es kommt nicht selten vor, dass Gäste ihr Abo unter dem Hinweis verlängern, dass im Ernst Deutsch Theater auf ihre verminderte Hörfähigkeit besondere Rücksicht genommen wird", sagt Alexander Behrens.

Allgemein bekannt ist, dass sonst gerade Menschen mit beginnender Höreinschränkung oft von Theaterbesuchen Abstand nehmen, da die Texte für sie nicht mehr gut verständlich sind.

Das Ernst Deutsch Theater ist Deutschlands größtes privat geführtes Theater und setzt seit August 2015 auf die Streaming-Lösung MobileConnect von Sennheiser für Audiodeskription und Hörunterstützung.

In den Räumen eines ehemaligen Kinos stehen insgesamt drei Spielstätten zur Verfügung. Der Hauptsaal bietet 744 Sitzplätze, die sich auf Parkett und Rang verteilen. Das beliebte Mehrspartenhaus ist in erster Linie für anspruchsvolles Sprechtheater bekannt.

 


Der Hauptsaal mit seinen 744 Sitzplätzen (Foto: Sennheiser electronic GmbH & Co. KG).



 

Die erste Produktion mit Sennheiser MobileConnect realisierte das Theater am 17. September 2015: Die Premiere am 27. August von "Anne ­ Das Tagebuch der Anne Frank" wurde vom Referat für Inklusive Kulturprojekte der Kulturbehörde Hamburg gefördert und war ein voller Erfolg.

 

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